Es begann nicht mit einem Knall, sondern mit einem leisen, beharrlichen Rauschen. Es war wie ein Radio, das in einer Endlosschleife dieselbe Botschaft sendet: „Du bist schuld, selbst wenn du nichts getan hast.“
Man sagt, die Gesellschaft entwickelt sich weiter. Aber wer bestimmt eigentlich, wohin? Ich schaue mich um und sehe eine Welt, die sich in ihrem Anspruch auf Fortschritt selbst fesselt. Eine Welt, in der man ständig auf der Hut sein muss, um nicht das Falsche zu sagen, das Falsche zu tun, das Falsche zu sein. Es geht nicht mehr um den Menschen, sondern um Labels: Opfer, Täter, Verbündete. Wer du bist, zählt weniger als das, was man aus dir macht.
Mein Vater war ein Mann mit Prinzipien – und Problemen. Unsere Beziehung war alles andere als harmonisch, und vielleicht habe ich mich oft an ihm gerieben, weil ich selbst noch nicht wusste, wer ich sein wollte. So sein wie er wollte ich schon einmal nicht. Auch das hoffe, ich bis heute beibehalten zu haben. Aber eines habe ich aus dieser Zeit mitgenommen: Konflikte formen Charakter. Und sachliche Konflikte schulen im Miteinander. Heute scheint der Anspruch zu sein, Konflikte zu vermeiden. Nicht etwa, um Lösungen zu finden, sondern um niemandem auf die Füße zu treten. Wenn wir in den Konflikt gehen, dann bitte auf der „richtigen“ Seite.
Als sich meine Eltern scheiden ließen, war ich ein Teenager. Viele sagen, dass so ein Bruch ein Leben verändert, aber das traf auf mich nicht zu. Beziehungen? Ehe? Damals waren das für mich abstrakte Konzepte – wie das Wetter: etwas, das kommt und geht, ohne dass ich viel Einfluss darauf hätte. Ich habe es einfach hingenommen.
Mein berufliches Umfeld ein paar Jahre später war eine ganz andere Welt. In der Kreativbranche, in denen ich arbeitete, spielte das Geschlecht keine Rolle – zumindest dachte ich das. Frauen, Männer, alle waren Teil eines gemeinsamen Ziels. Es gab keine offenen Kämpfe, keine Allianzen. Hauptsache, die Idee war gut, die Ausfertigung sauber. Doch jetzt, mit Abstand, frage ich mich, ob ich die subtilen Dynamiken einfach nicht wahrgenommen habe. War ich so naiv? Oder war es tatsächlich eine Oase, fernab der Konflikte, die ich heute überall sehe? Mittlerweile geht es weniger darum, was du erschaffst, sondern darum, ob du die „richtige“ Perspektive vertrittst. Kreativität ist kein Freiraum mehr, sondern ein Minenfeld, in dem jeder Schritt falsch sein könnte.
Wilkommen in „Prinzessinnenland“. Ein Ort, an dem eigene Gefühl die neue Religion ist, und Abweichung bestraft wird. Ein Ort, an dem der oft verlogene Anspruch auf Gerechtigkeit so weit geht, dass er zur Ungerechtigkeit wird. Es ist eine Welt, die behauptet, alle Stimmen zu hören, aber in Wahrheit nur das zulässt, was ins jeweilige Narrativ passt. Die Frage ist: Was macht das mit uns? Was macht das mit dir? Bist du bereit, dir diese Fragen zu stellen – oder ist der Preis dafür zu hoch?
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